Gestern war eine Lesung in Baden und zwar von Halbe Leben der Autorin Susanne Gregor. S. hat mich gefragt, ob ich mit ihr hingehen will und ich wollte sehr gerne.
Vorher ein kleiner Spaziergang durch Baden, hier die Schwechat. Sieht ur hübsch aus, riecht wie in Venedig harhar.
Die Lesung wurde von der Bücherei in Baden anlässlich der Woche Österreich liest veranstaltet und fand im Theater am Steg statt, einem Badner Veranstaltungszentrum, das recht gut besucht war. Dort kann man auch eine Kleinigkeit essen oder trinken.
Der Roman Halbe Leben handelt von der 24 Stunden-Pflegerin, Paulina, aus der Slowakei, einer alleinerziehenden Mutter zweier Kinder, die zwei Wochen im Monat in Oberösterreich arbeitet und sich um eine demente ältere Frau kümmert. Er beleuchtet vor allem das Verhältnis von Paulina zu der (ähnlich alten) Tochter der Patientin, Klara, und die Herausforderungen, die zwischen Arbeitsverhältnis und “Familienanschluss” entstehen.
Gregor hat über ihr Buch (das ich noch nicht gelesen habe) erzählt und zwei Textstellen vorgelesen. Vor allem die Zweite war echt arg, weil sie gezeigt hat, wie schwierig es ist, in diesem Beruf noch ein eigenes Leben zu haben. Die Pflegerinnen fahren ins Ausland, um sich um andere Familien zu kümmern, und können genau das für die eigenen Kinder nicht in diesem Ausmaß tun. Gregor meinte aber, es ginge ihr nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, Realitäten abzubilden und für gewisse Problemstellungen zu sensiblisieren.
Besonders interessant fand ich zwei Dinge, die sie gesagt hat. Zum einen, dass der Titel “Halbe Leben” vom Verlag ausgesucht worden war – ich finde diesen Titel sehr gut. Gregor hätte einen anderen gehabt, meinte aber, der Verlag wisse oft, was “zieht”. Zum anderen sagte sie, sie schreibe dann ein Buch, wenn sie das Gefühl hat, sie muss etwas erklären, was so vielschichtig ist, das man nicht so leicht in einem Gespräch tun kann.
Da habe ich mich sehr wiedergefunden, denn auch wenn mir das so nicht bewusst war, ist das für mich auch zumindest eines der Motive, zu schreiben. Das war bei Geboren in Bozen so, weil ich da oft das Gefühl hatte, eine so frühe Frühgeburt ist ein nicht so einfach fassbares Thema und viel mehr als “das Kind muss halt noch ein bisschen wachsen und zunehmen”. Und das ist bei dem Text, den ich derzeit schreibe (gestern 80.000 Wörter yeah!) auch so.
Nachher hat mich S. noch zum Bahnhof begleitet und wir haben uns über Literatur unterhalten. Sie meinte (zurecht) es gäbe sehr wenige unterhaltsame Bücher mit Anspruch, also Humor wäre eine Marktlücke. Dann sagte sie, ich solle wieder etwas schreiben. Ich sagte dann, das tue ich bereits und sie so: Ist es witzig? Und ich: Nicht wirklich. Harhar. Schade!