almis personal blog

Filmfragen

Die gestrige 300. Folge des FM4 Filmpodcast, bestehend aus Fragen an die Moderatoren Pia Reiser und Christian Fuchs war tatsächlich, wie erwartet, sehr hörenswert.

Neben den üblichen Ranking-Fragen: Nennt eure Lieblingsfilme aus jedem Jahrzehnt, beginnend mit den 1920er Jahren, puh, gab es auch einiges, worüber ich selber dann mehr oder weniger lang nachgedacht habe. Beispielweise die Frage: Bei welchem Film ist dir erstmals die Bedeutung der Kamera(arbeit) aufgefallen? Fuchs sagte Kubrick (The Shining), Reiser sagte Hitchcock und mir ist da sofort Pulp Fiction von Quentin Tarantino eingefallen. Als ich den nämlich mit 19 Jahren gesehen habe, war ich total verwundert und fasziniert. Wieso stellt Tarantino manchmal die Kamera gefühlt drei Zimmer weiter weg und filmt seine Protagonisten von da, anstatt einfach nahe ran zu gehen. Man sieht sie ja kaum, man muss sich anstrengend, sie zu hören. Aha-Erlebnis, ah dort kann man die Kamera also auch hinstellen und es macht was mit der Szene.

Dann gab es die Frage nach dem Lieblingsfilm einer weiblichen Regisseurin. Es ist tatsächlich spannend, dass es immer noch vergleichsweise recht wenige Regisseurinnen gibt, aber mir ist da – wie Christian Fuchs – natürlich sofort Lost in Translation eingefallen, weil der ohnehin zu meinen Lieblingsfilmen gehört. Leider hat Coppola, aus meiner Sicht, nie wieder so ganz an die Magie dieses FIlmes aus dem Jahr 2003 anschließen können. Ich mag auch Greta Gerwigs Filme sehr gerne, aber eher weniger Barbie, sondern die davor. Gerwig ist auch eine Wunschgästin für den FM4 Filmpodcast für Pia Reiser. Mag bisschen utopisch klingen, allerdings war kürzlich tatsächlich auch schon Richard Linklater via Zoom zu Gast.

Und wenn wir schon bei ihm sind, Linklaters Before Sunrise hat Pia Reiser insofern verkorkst, sagt sie auf die Frage, welche Filme einen verkorkst haben, als sie durch den Film den Eindruck hatte, dass es sehr oft im wahren Leben Begegnungen wie diese gibt, dieses miteinander reden für viele Stunden, das so selbstverständlich und intim und besonders ist. Und, sagt Reiser, im tatsächlich Leben nicht sooft vorkommt, dass man mit einem Menschen so reden kann. Anmerkung von mir: Das stimmt, aber wenn es passiert, kann einem niemand diese Erinnerung nehmen. Anmerkung 2: Linklater lässt, soweit ich mich erinnere, sogar einen der beiden Protagonisten genau dieses Faktum in Before Sunset feststellen.

Der am meisten überbewertete Film? Da fallen Reiser gleich mal so heilige Kühe wie Star Wars und die Herr der Ringe Trilogie ein. Fuchs wundert sich über The Shawshank Redemption, ein Film, der seit 2008 (!) auf Platz 1 der “Bibel”, der Internet Movie Database rangiert, als bestbewertester Film. Ich muss ehrlich sagen, ich verstehe es auch nicht ganz. Der Film ist schon ok. Er spricht starke menschliche Emotionen an, die besagen, jemandem, der unschuldig im Gefängnis sitzt, muss Gerechtigkeit widerfahren und deshalb ist man da so “invested”. Tim Robbins und Morgan Freeman spielen gut. Aber dennoch, Platz 1? Ich habe schon mehrere Essays gelesen, die mir dieses Phänomen erklären wollten, aber keines hat mich vollkommen überzeugt. Auf Platz 2 ist übrigens, auch schon seit Jahrzehnten, The Godfather Part 1 und das ist dann doch nachvollziehbarer.

Am Ende ging es dann noch um die Frage, welchen Film sollte man nicht beim ersten Date sehen? Pia Reiser: “Ich würde sagen, Amour von Michael Haneke. (Pause) Oder gar keinen Film von Haneke. (Pause) Bei gar keinem Date.” haharhar.

Spätsommer, drei

Im Moment schlafe ich erstaunlich gut. So gut, dass heute der Paketpostler beim Billa zu mir meinte, ob ich nicht da war, er hat dreimal angeläutet, harhar. Ja das ist bitter, weil ich nehme auch Pakete für andere Menschen an. Naja, ab nächster Woche muss ich eh wieder vor sieben wach sein.

Dann habe ich mich auf den Weg zu einem Arbeitstag im Garten gemacht. Man merkt, dass der Sommer bald aus ist, ich schiebe keine so ruhige Kugel mehr und habe wieder meine üblichen drei Projekte gleichzeitig.

Am Abend hab ich mich mit dem Kind beim Vapiano getroffen – und mit J. meinem “Pflegekind” von früher, er hat im Haus gewohnt und war wirklich oft bei uns. Das war schön, ihn wieder mal zu sehen, er ist auch schon 17 (!). Wir haben gut gegessen. Seit heute gibt es eine neue Aktion bei Vapiano (unbezahlte Werbung): Jeden Tag eine bestimmte Pasta um 9.90 Euro. Heute war es Pasta Bolognese, die ich mir gleich bestellt habe.

Kunstfoto – das Kind hatte noch nichts gegessen, deshalb zwei Pizze

Heute gibt es noch ein weiteres Highlight: Die 300. Folge des FM4 Filmpodcasts, der zu meinen Lieblingspodcasts gehört und da werden die Moderatoren Fragen der Zuhörer und Zuhörerinnen beantworten. Ich habe so lange über eine mögliche, natürlich ur geniale Frage nachgedacht, dass ich letztendlich keine eingeschickt habe, öhm. Bin aber schon sehr gespannt.

Und dann den Tag loslassen, an jemand denken und hoffentlich wieder so gut schlafen.

Die Sache mit dem Sand

Auf Social Media ging jetzt eine Geschichte viral, wo eine Mutter erzählt, dass ihr kleines Kind ein anderes kleines Kind mit Sand beworfen hatte. Und daraufhin habe sie angekündigt, wenn das Kind das nochmal macht, dann verlassen sie den Spielplatz. Das Kind hat es nochmal gemacht und dann haben sie den Spielplatz tatsächlich verlassen. Arge Geschichte was, harhar.

Nein, das wars noch nicht, worauf ich hinauswollte. Es gab dann wiederum hunderte Kommentare und andere Influencer haben Videos gemacht, wo sie über diese Sache sprechen (ja, das ist Social Media), weil sie es gut finden oder was sie anders gemacht hätten. Sowas schaue ich mir irrsinnig gern an, weil ich Themen liebe, die mit mir überhaupt nichts (mehr) zu tun haben, und wo ich einfach null betroffen bin. Das ist so eine Safezone, wo man die Diskussionen aus der Ferne genießen kann.

Jedenfalls machte mini and me, der ich schon länger folge, auf Instagram ein recht cooles Video dazu, in dem sie darüber redet, dass ein so kleines Kind ja noch nicht versteht, warum es nicht mit Sand schmeißen soll und die Konsequenz, “wir gehen nach Hause”, auch nicht mit dem Sand verbinden kann. Fand ich irgendwie recht nachvollziehbar. Sie meint, es wäre natürlich cool, wenn man dem Kind Alternativen anbieten würde, also den Sand woanders hinschmeißen oder überhaupt was anderes machen, aber sie meinte, sie verstehe auch, wenn Mütter oder Väter eben auch mal keinen Nerv mehr haben und gehen wollen, aber dann sollte das nicht als “Strafe” verpackt werden.

Ich bin da immer irrsinnig froh, dass ich kein so kleines Kind mehr habe, ich war mit solchen und ähnlichen Situationen auch oft überfordert. Einmal, als ich mit meinem damals kleinen Kind bei einer Freundin war und es war dann schon spät und er wollte nicht heimgehen, habe ich einige Minuten mit ihm geredet und meine Freundin sagte danach, das könnte man als Beispiel für gelungene Kommunikation irgendwo abdrucken. Und ich habe mir nur gedacht, ehrlich? Ich fand es voll lieb, aber mein Shirt war klitschnass vor lauter Stress, den mir diese Situation verursacht hat. Selbstbild/Fremdbild.

Anyway, ich hatte auch Freundinnen, die ihre Kinder, wenn sie etwas angestellt hatten, für 15 Minuten ins Zimmer schickten, zum Nachdenken und ich habe mir dann gedacht, das würde ich bei meinem Kind nie machen, schon alleine aus dem Grund, weil er niemals 15 Minuten im Zimmer bleiben würde, harhar. Ich würde mich nur völlig lächerlich machen.

Wie auch immer, ich habe für mich die Zeit mit einem Kleinkind immer mit Hüten eines Flohzirkus verglichen, so als Bild. Ich war wirklich oft ratlos, aber ich denke, man kann eh nur authentisch handeln, so wie es für einen stimmig ist und mit dem Kind irgendwie in Verbindung bleiben. Das sind jetzt nicht die pearls of wisdom, aber halt das, was mir geholfen hat.

Materialists

So, nun zum schon angeteasterten Film Materialists, dem zweiten Film von Celine Song, der den generischen deutschen Titel Was ist Liebe wert trägt und eine Rom-Com sein soll.

Die Geschichte dreht sich um die materialistische Lucy (recht überzeugend: Dakota Johnson), die als Vermittlerin in einer Partneragentur tätig ist und sich vor einiger Zeit vom mittellosen Schauspieler John (recht ok: Chris Evans) getrennt hat, weil er, nun ja, mittellos ist. Im Zuge ihrer Tätigkeit lernt sie Harry (recht unspektakulär: Pascal: Pedro Pascal), einen Millionär, der sich für sie interessiert, kennen…

ACHTUNG MASSIVE SPOILER!

Was soll man sagen. Zuerst mal das augenfälligste: Dieser Film ist – im Gegensatz zu Past Lives – sowas von gar nicht “perfekt”. Harhar. Er ist aber auch leider weder eine Romanze noch eine Komödie und im Grunde weiß ich nicht, was uns Celine Song mit ihrer Arm/Reich-Parabel sagen will, was nicht Nestroy oder Oscar Wilde uns schon um einiges eloquenter und tiefgründiger erzählt haben. Ja, anderes Jahrhundert, aber!

An Materialists ist die Emanzipation der Frau tatsächlich irgendwie spurlos vorbeigegangen und, was noch erstaunlicher ist: Lucy verdient, laut eigener Aussage, 80.000 Dollar im Jahr und “bräuchte” daher überhaupt keinen reichen Mann. Aber anscheinend kann man eine Karriere haben und gut verdienen und trotzdem sucht man jemand, der noch viel begüteter ist, ich mein, warum? Ich verstehe auch diese Binarität nicht. John ist extrem pleite, Harry ist extrem reich. Die Mehrzahl aller Männer wird wohl eher in dem Bereich des “Normalen” liegen, aber anscheinend gibt es in der Welt dieses Filmes ausschließlich diese beiden Pole, zwischen denen sich Lucy nun entscheiden “muss”.

Lucy lässt sich von Harry mit nachhause nehmen und ganz ehrlich, wenn ich im Begriff bin, das erste Mal mit einem Mann zu schlafen und schon knutschend im Vorzimmer stehte, statt aber die Augen zu schließen, herumschaue, wie (teuer) seine Wohnung eingerichtet und wie groß sie ist, etcetera dann läuft IMO etwas ziemlich falsch. Das merkt Lucy schließlich auch und ist im Begriff zu John zurückzukehren und aber gleich noch ihre Karriere hinzuschmeißen. Ich mein, warum? Es könnte ja auch sie arbeiten im Jahr 2025, und er lebt sein brotloses Schauspielerleben weiter. Ich stehe wirklich komplett an bei dem, was uns dieser Film mitteilen möchte. Feministisch ist da nichts, mit Liebe hat es auch kaum was zu tun. Ab und zu ist es witzig, vor allem aber dann, wenn es um die Partneragentur geht.

Am allerschlimmsten fand ich die Szene, in der Lucy und John sich bei einer Hochzeitsgesellschaft einschleichen (er arbeitet auch im Catering). Abgesehen davon, das hier dieselbe Lichterkette wie bei Past Lives zum Einsatz kommt; hier haben wir ungefähr 60 Leute auf diesem Fest. Und diese 60 Leute sollen nun offensichtlich die Diversität der Gesellschaft abbilden. Wir haben hier Menschen praktisch aller Ethnien, Körperformen und Arten der Paarbeziehungen vertreten, die lesbische Standesbeamtin tanzt mit ihrem love interest (an ihrem Arbeitsplatz!) Warum? Es hat null mit der Handlung zu tun, es ergibt auch in sich keinen Sinn, ich behaupte, niemand hat einen so politisch korrekten Freundeskreis. Diese Szene erzählt nichts, sie will nur irgendeine “Haltung” vermitteln, haut einen dabei aber komplett aus dem Film raus. Please stop that shit. Harhar.

Also Fazit: Ganz anders als Past Lives, aber auf ganz andere Art überhaupt gar nichts meines.

Materialists, davor

Es wäre ja anzustreben, dass man vor einem Film überhaupt keine Meinung zu irgendwas (Darsteller, Regie) hat, aber das geht halt oft nicht wirklich. Bei Materialists hatte ich aber besonders viel davon, fast schon Vorurteile. Harhar. Und so werde ich das transparent machen, bevor ich den Film sehe.

Zuerst mal Dakota Johnson, Tochter von Don Johnson. Sie hat jetzt vielleicht kein extrem gutes Händchen, was die Wahl ihrer Projekte angeht oder es ist ihr einfach wurscht. Jedenfalls kennt man sie aus Fifty Shades of Grey und Madame Web, beides nicht gerade Sternstunden des zeitgenössischen Kinos. Das finde ich ein bisschen schade, weil sie durchaus so einen Indie-Appeal hat, wie man etwa in The Lost Daughter sehen konnte oder auch in A Bigger Splash – wobei das der Film von Luca Guadagnino ist, den ich am wenigsten mag.

Wie auch immer, dann haben wir noch Pedro Pascal. Pedro Pascal war auf einmal da, das ganze Internet sprach von ihm und ich wusste eigentlich nicht warum. Er hat vor allem in Serien gespielt, Film habe ich noch keinen von ihm gesehen. Er hat J.D.Rowling vor kurzem als “heinous loser” bezeichnet und ich finde das ginge vielleicht ein bisschen sachlicher, wenn man anderen seinerseits beleidigendes Verhalten vorwirft. Außerdem hat er gesagt, er muss bei offiziellen Anlässen immer seine Co-Schauspielerinnen anfassen und sich an ihnen festhalten, weil er so “anxiety” hätte. Und irgendwie finden das alle bei ihm süß und ich weiß nicht wieso, es ist im Grunde ziemlich übergriffig. Also sagen wir wie es ist, ich habe einen gewissen Argwohn gegenüber Pedro Pascal, harhar.

Und schließlich Celine Song. Die Regisseurin hat erst vor zwei Jahren mit Past Lives ihren vielgelobten Debütfilm abgeliefert. Es ging um eine Art Dreiecksbeziehung, über Kontinente hinweg, wenn man so will. Ich dachte mir damals, das ist ein Film für mich. Als ich ihn dann aber gesehen habe, war ich irgendwie ernüchtert. Er war zwar “technisch” sehr gut gemacht, aber ich habe einfach nichts gespürt, obwohl es so ein emotionales Thema war. Aber das Thema – eine junge Frau aus Korea, die inzwischen in den USA lebt und mit einem Amerikaner verheiratet ist, trifft ihre Jugendliebe wieder – wurde so abgeklärt und antiseptisch behandelt, dass es mich wirklich null erreicht hat. Ich habe mir dann gedacht, ich will gerade bei einem Debütfilm merken, dass da jemand noch struggelt, dass nicht alles rund ist, aber, dass der Film voller Leidenschaft und dem Gefühl ist, sich dringend der Welt mitteilen zu wollen. Wie beispielsweise Aftersun von Charlotte Wells, der kurz vor Past Lives herauskam. Das war ein Film, bei dem ich die ganze Zeit komplett ergriffen und auch in einer unbestimmten Erwartungshaltung war, als würde gleich etwas ganz Schlimmes passieren1. Und genau das liebe ich im und am Kino, dieses hineingezogen-werden.

Dann haben wir noch Chris Evans. Und Chris Evans hat Glück, ich kenne ihn überhaupt nicht, harhar.


  1. Ob etwas Schlimmes passiert? Schaut ihn an, harhar. Empfehlung. ↩︎

ESC: Das neue Logo

So, Wien wird also Austragungsort vom ESC nächstes Jahr. Was für ein Schocker. Harhar.

Viel mehr Aufsehen hat das neue ESC Logo erregt. Warum eigentlich ein neues Logo, das alte war doch völlig in Ordnung finde ich. Es gibt auch schon eine Petition dagegen. Ich mein, nicht, dass es lebenswichtig wäre… Ein paar Fanstimmen über das Logo, die ich gelesen habe:

Ist schon der erste April?

Das ist Martin Österdahls Rache an uns allen 1. (harhar)

Ich möchte es mögen, kann mich aber nicht dazu durchdringen2.

Da kommt gepflegtes Comic Sans Feeling auf.

Mich persönlich erinnert das Logo an den ikonischen Intervall Act von 2016, den Song Love Love Peace Peace. Dieser sehr amüsante Song, den ESC Sieger Mans Zelmerlöw und die schwedische Komikerin Petra Mede performt haben, handelt davon, wie das geht, das perfekte ESC Gewinnerlied zu schreiben. Nämlich eben zum Beispiel über Love und/oder Peace zu singen, einen Mann im Hamsterrad laufen zu lassen oder alte Damen auf die Bühne zu holen, die Brot backen. Man könne aber auch ein Signalhorn einsetzen oder eine Geige mitbringen – “In Eurovision, nothing says winner like a violin”. Und dann heißt es, falls das aber zu altmodisch wäre : “This can easily be fixed by adding a DJ who pretends to scratch. In real life of course, this is 30 years old, but in Eurovision, it will give your number a contemporary feeling”. Harhar.

Ich finde, musikalisch gilt das für den Songcontest nicht mehr in dieser Form, der hat sich doch sehr weiterentwickelt, aber was das neue Logo angeht, trifft es voll zu. Die Designer dachten sicher, sie machen was ultamodernes, aber tatsächlich wirkt es ur altbacken. Ich mein, es fehlen nur noch diese rot/grünen 3D-Brillen aus den 1980er Jahren für die optimale Tiefenwirkung.


  1. Martin Österdahl, der ehemalige Song Contest Chef, bei den Fans unbeliebt und kritisiert; im Juni von seiner Funktion zurückgetreten ↩︎
  2. Also ich möchte es nicht mal mögen. ↩︎

Spätsommer, zwei

Nicht nur Taika Waititi hatte Geburtstag, sondern auch M. Zu diesem Anlass waren wir heute in der Pizzeria im Wildgarten essen und es war schon wieder soo gut (unbezahlte Werbung)

Blick vom Mittagessen auf den wildromantischen Wildgarten

Wir haben (auch wieder) stundenlang über alles geredet und im Wasser waren wir auch noch. Ach herrlich.

Außerdem bin ich jetzt, wehmütig im mehrfachem Sinne, mit Stefan Zweig fertig geworden. Ich denke, ich werde das Buch bald wieder zur Hand nehmen, und Dinge nochmal lesen. Jetzt habe ich aber mit Ein wenig Leben von Hanya Yanagihara begonnen. Ein Roman von fast tausend Seiten. Und wenn ich mich vor einigen Tagen noch großspurig gegenüber dem Lektorat von Verheiratete Frauen geäußert habe, so habe ich bei diesem Buch nach ungefähr 15 Seiten beschlossen: Ich muss mir eine Übersicht schreiben, weil sonst checke ich nie, wer wer ist. Harhar.

Das Buch hat vier männliche Protagonisten mit vier (tragischen) Backstories, alle sind gleich alt und befreundet und so brauche ich einfach Notizen. Da steht dann: Weiß, schwarz, schwarz, mixed. Architekt, Künstler, Schauspieler/Kellner, Jurist. Und da steht dann auch: Eltern tot, Vater tot, Eltern? Eltern reich. Harhar. Man muss echt gut aufpassen beim Lesen, aber was ich jetzt schon sagen kann, es ist wirklich unheimlich gut geschrieben.

Ich glaub, das wird noch sehr, sehr arg werden und ich bin so mittel darauf vorbereitet und ich nehme euch alle mit harhar.

Bei dieser Stelle über Kunst habe ich mich irgendwie soo wiedergefunden:

Hier dagegen machte man Kunst, weil es das Einzige war, was man konnte, das Einzige, womit man sich zwischen gedanklichen Kurzausflügen zu Dingen, an die alle dachten, wirklich beschäftigte. (…) Irgendwo in deinem Inneren ist immer deine Leinwand, ihre Formen und Möglichkeiten (…) Während der Arbeit an jedem Bild und jedem Projekt kam eine Zeit (…) in der dir das Leben jenes Bildes echter erschien als dein eigenes alltägliches Leben (…)

Ein wenig Leben, S. 43

Und so gehen sie vorbei, die letzten Sommertage und ein bisschen mag ich mich noch an sie klammern. Die Abschiede werden nicht leichter, nicht mal die banalen.

What We Do in the Shadows

Gestern gab es einen Patchworkfamilienausflug ins Kino. Das Votivkino feierte nämlich den 50. Geburtstag das Schauspielers und Regisseurs/Drehbuchautors Taika Waititi unter dem Titel Hari Huritau – was auf Maori soviel wie Happy Birthday heißt. Taika Waititi ist Neuseeländer. Und deshalb sahen wir What We Do in the Shadows, zu deutsch 5 Zimmer, Küche, Sarg. Außer dem Kind haben ihn alle bereits mindestens einmal gesehen – was, glaub ich, auch für die meisten Menschen im Publikum galt.

Bei What We Do in the Shadows handelt es sich um eine Mockumentary. Ein Kamerateam, dem für die Dauer der Dreharbeiten körperliche Unversehrtheit garantiert wurde (harhar), filmt eine WG aus Wellington, die aus vier Vampiren unterschiedlichen Alters besteht. Einer davon, Viago, ist Taika Waititi selbst und in der deutschen Synchro ist er ein Wiener. Wir sahen aber das Original und da ist er aus dem deutschsprachigen Raum, jedenfalls ein etwas naiver Dandy, aber sehr wohlmeinend. Ich mag ihn am allerliebsten. Viago ist etwa 400 Jahre alt, aus Europa der Liebe wegen gekommen. Petyr ist mit über 8000 Jahre der Älteste und richtig furchterregend. Deacon ist jung, noch nicht mal 200 und gilt als Rebell, er war früher auch ein Nazi; und schließlich Vladislav, ein überkandidelter Adeliger aus dem Mittelalter.

MILDE SPOILER!!

Wer sich jetzt denkt: What the fuck?! Oh ja, WTF und es ist so lustig, obwohl mein Interesse für Vampirfilme sonst eher überschaubar ist. Die erste Szene ist schon so genial, als Viago aus seinem Sarg(=Bett) “aufsteht”, man ist sofort in den Film hineingezogen.

Es werden die Probleme einer herkömmlichen WG geschildert – wer macht den Abwasch, vor allem blutiges Geschirr, wer beseitigt den “Müll” etcetera. Es wird gezeigt, wie die Vampire ausgehen, im Bus fahren, in traurigen Fast Food Lokalen sitzen. Die Outfits, die sich mit der tristen Umgebung spießen, sind so göttlich und das Problem bei Vampiren, über das man sich vielleicht noch wenig Gedanken gemacht hat: sie sehen sich nicht im Spiegel. Das bedeutet, sie wissen nicht, wie sie aussehen und deshalb zeichnen sie sich gegenseitig. Sie treffen auf die verfeindeten Werwölfe (wobei ich draufgekommen bin, dass ich über Werwölfe sehr wenig weiß). Außerdem erfährt man, was passiert, wenn Vampire versehentlich Pommes essen und das ist nicht schön. Generell habe ich mir noch nie so viel Gedanken über die recht schwierige Lebensweise dieser Wesen gemacht, wie bei diesem Film, was irgendwie auch interessant ist.

Der Film ist mit 83 Minuten eher kurz, was aber eine ziemlich gute Entscheidung ist, weil das Genre Mockumentary oft relativ schnell nervt, wenn man mal den Clou durchschaut hat. Waititi behilft sich damit, dass der typische Stil a la verwackelte Kamera nicht überstrapaziert wird und, dass auch eine tatsächliche Geschichte erzählt wird, die sogar richtig berührt. Das ist überhaupt das spannende bei diesem Werk, dass von Vampiren erzählt wird und Vampire tun eben, was diese tun, es ist also auch blutrünstig, aber trotzdem ist das so ein totaler Feelgood Film, das ist schon komisch, dass das überhaupt funktionieren kann.

Noch ein paar Worte zum Geburtstagskind: Ich finde ja, er sollte öfters auch schauspielen, er ist mühelos witzig. Seine Filmografie als Regisseur/Drehbuchautor ist ziemlich …eigen. Da gibt es eben diese kleinen Indie-Komödien – What We Do in the Shadows feierte seine Premiere bei Sundance. Dann dreht er aber auch viel für Marvel, Thor usw. was ihm auch einiges an Kritik von den Marvel-Fans einbrachte, weil die Filme halt eine sehr ironische Perspektive haben. Ich finde es aber cool von Marvel, dass sie, wenn sie schon einen solchen Regisseur wählen, ihm dann seine eigene Handschrift lassen. Ansonsten hat das ja keinen Sinn. Und Waititi hat für seine WW2-Groteske JoJo Rabbit den Oscar für das beste Drehbuch erhalten. Alles in allem also recht wenig konsistent, wenn man so will, aber immer mit viel Herz und Menschlichkeit. Sogar bei Vampiren!

Spätsommer

Mein Papa hat früher um diese Zeit, als ich nach sieben Wochen Kärnten wieder nachhause gekommen bin, immer gefragt, ob hier nicht alles ganz fremd für mich wäre, nach so langer Abwesenheit.

Heute bin ich durch die Stadt gegangen, an einem Sonntag im Spätsommer, und habe mir gedacht, vielleicht ist um diese Zeit ohnehin immer alles irgendwie fremd, auch wenn ich gar nicht weg aus Wien war. Weil wieder etwas zuende geht und wenn es auch nur die Jahreszeit ist. Dann habe ich mir überlegt, wie oft sich das Leben verändert, und wie fremd es einem immer wieder einmal auch wird. Und ob das gut oder schlecht ist. Wahrscheinlich ist es gut, auch wenn es schwierig ist.

Ich mag diese Zeit im Jahr, ich mag das Licht, und wie es riecht, ich mag die Luft. Es haben auch nicht nur Dinge geendet, es haben auch wunderbare Dinge begonnen, genau zu dieser Zeit. Es ist so schön daran zu denken und manchmal auch ein bisschen traurig.

Die Ambivalenz des Spätsommers.